Sonntag, 30. Januar 2022

Patient*innen, die ich nicht brauche

 Ich habe manchmal bei dem Erstgespräch schon das Gefühl: "Das könnte schwierig werden." Aber diesen Gedanken schiebe ich dann schnell wieder auf die Seite und bereite mich auf das Beratungsgespräch vor wie ich das auf jedes Beratungsgespräch mache.
Ich bereite meinen Formulare vor, ich drucke Beratungsmaterialien aus.
Ich möchte, dass meinePatient*innen gut informiert aus diesem Gespräch gehen. Außerdem definieren wir gemeinsam ein Ziel, das dann bis zum nächsten Termin erreicht werden soll, wobei ich den Menschen dann wirklich diese Entscheidung überlasse und häufig nur bei der Formulierung helfe.

Dieses "Ziel" kennen die Patient*innen meist schon selbst.

Ich hatte zu Beginn des Jahres eine wirklich fordernde Beratung. Essen durchgängig, auch nachts und da habe ich schnell bemerkt, dass es sich hier um eine Ess-Störung handeln könnte. 


Ich habe dies alles mit meinem Gegenüber besprochen. Ich habe auch erklärt, dass ich dem behandelnden Arzt einen Beratungsbericht schreiben werde, damit da noch mehr Unterstützung kommt zum Besten des Patienten/der Patientin. 

Nach meinem Beratungsbericht hat mich der behandelnde Arzt angerufen, hat sich bedankt und hat weitere Behandlungsmöglichkeiten angekündigt. 

Nach einer gewissen Zeit schreibe ich dann allen Patient*innen eine Rechnung. 

Es kam kein Geld, es kam nur eine sehr ausfallende Nachricht über WhatsApp, dass ich diesem Menschen nicht geholfen hätte, dass meine Beratung nicht gut war, weil ich nicht wirklich geholfen habe.

Das lasse ich jetzt so stehen, denn ich weiß was ich geleistet habe. Wenn Patient*innen (das war übrigens das erste mal nach über 40 Jahren Arbeit) mir schräg kommen, dann bin ich für diese Menschen "weg".
Ich habe alles dokumentiert, denn dazu bin ich verpflichtet. 

Eine gute Beratung bedeutet für mich, dass ich all mein Wissen, was für die Indikation (Gewicht, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Darmerkrankungen...) wichtig ist in den Ring werfe und das dann anpasse an das was für die Patient*innen helfen kann.

Eine gute Beratung macht für mich aber auch aus, dass meine Patient*innen mitarbeiten, sich einbringen und mir auch sagen wo es Grenzen gibt oder aber auch sagen wenn irgendetwas nicht passt. Es ist ein Austausch.

Ich kann niemanden schlank machen, ich kann Bauchschmerzen nicht weg pusten. Das hat nichts mit Ernährungstherapie zu tun. Wer sich das so vorstellt, der ist bei mir aber auch bei meinen Kolleg*innen falsch.

Wie ich mit diesem Fall jetzt umgehe, das überlege ich noch. Im Moment verfahre ich noch nach dem Motto "Karma regelt das schon."😉

Ich lasse mich von solchen Menschen aber nicht runterziehen, dazu kommt mehr postives Feedback als negatives. 

Ich wünsche Euch noch einen schönen Sonntag.



Bild von Mote Oo Education auf Pixabay

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