Sonntag, 19. Juni 2022

Wasch mich aber mach mich nicht nass

 Dieser Satz ist mir eingefallen bei einem Beratungsgespräch mit einer Patientin, die ich schon etwas länger kenne.
Sie möchte abnehmen, das ist ihr größter Wunsch. Wir haben natürlich Ziele besprochen um eine Ernährungsumstellung zu erreichen. Ein Ziel war: eine kleine Auszeit für sich nehmen und zwar in Form einer Tasse Kaffee bevor sie wieder zur Arbeit fährt.

Es hat nicht funktioniert.
Ich habe selbstverständlich nachgefragt warum es nicht funktioniert hat, ob das Ziel vielleicht doch zu hoch gesteckt war und dann sprudelte es aus hier heraus.
Sie fühlt sihc für alles und jeden verantwortlich, schleppt wirklich noch richtige Traumata aus der Kindheit mit sich herum, hat schon diverse Psychotherapeuten besucht, immer wieder gewechselt.
Ich habe daraufhin mal mit einem weißen Blatt Papier und Fragen aus dem NLP gearbeitet. 

Viele Fragen, die ich ihr gestellt habe konnte sie nicht beantworten oder es kam der Satz:
"Ich weiß das ja alles. Das haben mir andere Therapeuten auch schon gesagt, aber ich will da nicht ran."

Eine Therapeutin hat auch wohl in den Raum geworfen, dass da eventuell Missbrauch in der Kindheit mit im Spiel sein könnte, aber das wisse sie ja nicht wirklich. Sie hat sich dann eine andere Therapeutin empfehlen lassen, war dort auch einmal, aber sie könne ja nicht ständig 40 km fahren.

Dann kam der Satz:"Frau Hagedorn, wollen Sie nicht mal zwischendurch eine Rechnung schreiben? Sie müssen für Ihre Arbeit ja auch schon mal Geld haben." da war mir klar: Ich komme mit dieser Frau nicht weiter (wobei ich bei Traumata sowieso nicht in Aktion gehe) und diese Frau will auch nicht wirklich weiter kommen.

Rein statistisch hat diese Frau noch mindestens 35 Jahre Lebenszeit vor sich. Mindestens. Sie wird diesen Ballast immer mit sich rumtragen. Sie wird das auch wissen. 

Aber ich weiß: Ich kann niemandem helfen, der sich nicht helfen lassen möchte. Wobei sich meine Arbeit in diesem Fall wirklich auf die Ernährungstherpie beschränken würde. Aber auch hier werden Ziele, die sie selbst formuliert hat nicht umgesetzt. 

Es ist traurig, aber ich als Diätassistentin muss mir immer vor Augen führen, dass es auch für meine Arbeit Grenzen gibt und dies stecken meistens die Patient*innen.



Bild von succo auf Pixabay

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