Sonntag, 28. April 2019

Wunschkost und Dankbarkeit


Ich lasse jetzt die eigentlich angedachte Chronologie meiner Beiträge mal außeracht.
Meine Erlebnisse sind normalerweise immer noch aus dem „alten“ Krankenhaus, aber  ich mache mal einen kurzen Sprung ins „neue „ Krankenhaus. 
Darüber werde ich später noch intensiver schreiben.

Die Leitung einer Station rief an und fragte, ob mal jemand kommen könne. Sie hätten einen Mann dort liegen, der einen Wunsch zum Essen hätte, das aber nicht sagen möchte. Er wäre schwer krebskrank.
Ich bin zur Station gegangen mit Block und Schreibzeug, habe mir die Zimmernummer geben lassen und bin dann ins Zimmer rein.
Vor mir lag ein alter „Herr“ (diese Beschreibung wird auch bleiben, denn es war ein „Herr“), zurückhaltend, mit einer gewissen Würde. Anders kann ich es nicht beschreiben. .Ich erinnere mich nicht an viele Patienten, aber dieser Herr ist mir wirklich im Gedächtnis geblieben.

Ihm war es peinlich, dass da extra wegen ihm jemand gekommen war und dann noch nach dem Essenswunsch fragen… Er bekäme doch alles, was er braucht.
Die Stationsschwester war mittlerweile auch im Zimmer und hat ihn dann in die Richtung geschoben mir doch zu sagen, was er gerne  essen möchte. „Steak mit Spargel“, darauf hatte er Lust, aber das wäre ja wohl zu viel verlangt. 
Ich konnte ihm nur sagen, dass ich mein Bestes tun würde, ich aber nichts versprechen könnte. Wunschkost, das war sonst oft Pfannkuchen, manchmal in Kombi mit Obst, Reibepfannkuchen, Milchreis, aber das?
Ich habe mit unserer Küchenleitung gesprochen, habe ihr den Fall erklärt, den Mann beschrieben und ich bekam das Okay. Ein Koch hat das Steak gebraten, der Spargel wurde gekocht und das Essen ging zur Station.
Irgendwann kam eine Mitarbeiterin, die an der Bandspüle stand, mit einem Zettel. Darauf stand sinngemäß, dass sich dieser Patient bedankt hat,  dass es sehr gut geschmeckt hat , die Portion viel zu groß war und dass die Reste von einem seiner Kinder gegessen worden wären.
Irgendwie ist ein Draht zu diesem Herrn entstanden, zwischen ihm und dem Küchenteam. Jede/r wusste um wen es ging, wenn der Name auf einer Karte erschien.
Er war nämlich  nicht zum letzten Mal bei uns Patient. 

Er musste auch einen Geburtstag im Krankenhaus verbringen. An diesem Tag bekam er alles von dem wir wussten, dass er das gerne gegessen hat.
Es wurde alles möglich gemacht, weil er dankbar war, für das, was  unser Küchenteam für ihn möglich machte, aber auf der Station lief es ähnlich ab. 
Auch dort konnte er durch eine vornehme Art zeigen, dass er die Arbeit des Personals schätzte und das kam dann wieder zu ihm zurück.
Wir merkten natürlich, dass die Abstände immer kürzer wurden, in denen dieser Herr bei uns war. Irgendwann kam dann auch der Anruf, dass Herr XY verstorben wäre, er wäre ganz ruhig eingeschlafen. Die Stationsleitung war der Meinung, dass wir das auch wissen sollten, weil wir ihn ja auch gekannt hätten.
Ich erinnere mich genau an das Gefühl. Für einen kurzen Moment stand für alle Kolleginnen und Kollegen die Arbeitszeit still, aber dann ging  es auch weiter.
Es gibt Menschen, an die man sich nach so langer Zeit noch erinnert, wenn auch nicht mehr mit Namen. Sie schaffen es durch ihre Art, dass man eine Arbeit noch lieber macht, obwohl sie mehr Aufwand bedeutet, weil da Dankbarkeit zurück kommt.

Bild von Stefan Schweihofer auf Pixabay

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