Mittwoch, 5. Mai 2021

Ein bisschen viel Diagnostik?

 
Vielleicht auch überflüssige Diagnostik? Das kann ich nicht einschätzen, aber diese Diagnostik wurde meiner Patientin von ihrem  Hausarzt empfohlen.
Worum geht es?
Die Tochter einer alten Dame, die stramm auf die 90 zugeht, rief an. Ihre Mutter  braucht eine Ernährungsberatung.
Am Telefon las sie mir den Beratungsauftrag vor: FODMAP- arme Kost, histaminarm, eiweißreduziert (0,88g pro kg Körpergewicht).
Da habe ich bereits geschluckt.
Die Tochter klärte mir dann, dass ihre Mutter zu Beginn des Jahres massive Durchfälle hatte, daraufhin eine Mikrobiom-Stuhlanalyse hat machen lassen (über die Ärztin) und dabei sei diese Empfehlung herausgekommen.
Ihre Mutter hätte auch bereits knapp 150- 200€ für diverse „Mittelchen“(Zitat Ende) ausgegeben. Zusammen mit der Stuhlanalyse habe sie bereits knapp 500€ ausgegeben.
Ich habe den Auftrag angenommen da ich Herausforderungen liebe.
Vor mir saß eine sehr fitte alte Dame. Einzige Medikation: Medikamente gegen Hypertonie. Und laut aktuellem Medikationsplan die angesprochenen „Mittelchen“.
Ich habe dann ein ausführliches Anamnesegespräch geführt wobei ich direkt am Anfang gefragt habe, was in der Zeit davor war bevor die Durchfälle auftraten.
Diese Dame hatte eine sehr intensive Gürtelrose zu Beginn des Jahres gehabt, die auch im Gesicht, auf der Kopfhaut massive Beschwerden verursacht hat. Gegen die Gürtelrose gab es ein antivirales  Medikament, gegen die Schwellungen im Gesicht wurde Cortison verordnet.
Nach dieser Erkrankung begannen etwas zeitversetzt die Durchfälle.
Sowohl meine Patientin als auch ihre Tochter hatten sich bereits wegen der FODMAP-armen Kost informiert. Frage an mich: „Muss das wirklich alles sein? Mir geht es doch schon viel besser.“
Meine Patientin hat dann erzählt, was sie alles in der letzten Zeit gegessen hat. Es war Sauerbraten dabei, der ihr gut bekommen war.
Wir haben dann gemeinsam über eine angepasste Vollkost gesprochen unter Berücksichtigung der Vorlieben und der individuellen Verträglichkeit.
Jetzt, nach ca. 1,5 Wochen habe ich eine Mail der Tochter bekommen, dass es ihrer Mutter gut geht. Es sind keine weiteren Durchfälle aufgetreten auch nach Absetzen der „Mittelchen“ nicht mehr. Sie isst worauf sie Lust hat und was ihr schmeckt.
Das war wieder einmal eine Beratung wo sich der Blick weit  über den Tellerrand hinaus durchaus lohnt.



Bild von Peggy und Marco Lachmann-Anke auf Pixabay

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