Sonntag, 19. Mai 2019

Worte können Pfeile sein…


…und Pfeile tun weh.

Warum schreibe ich jetzt darüber? Weil ich eine Dame in der Beratung kennengelernt habe, die mir einige Dinge erzählt hat und mir das wieder vor Augen geführt hat. 

Diese Dame hat den Brustkrebs und die nachfolgende Therapie gut überstanden, so gut es halt geht.
Sie hatte vom Arzt eine Notwendigkeitsbescheinigung bekommen.
Beratungsgespräch- alles gut. Themen wurden besprochen.

Irgendwie saß sie aber vor mir wie ein Häufchen Elend und auf Nachfrage, ob ich noch etwas für sie tun könne hat sie mir dann von ihren Erlebnissen in ihrem Ort, in der Nachbarschaft erzählt.
Frauen gehen ihr beim Einkaufen aus dem Weg. Männer wären da noch rigoroser.
Ein Satz ist mir in Erinnerung geblieben.
„Dafür, dass du Krebs hast, siehst du aber noch gut aus.“

Und dann die Rat“schläge“, die aus jeder Ecke kommen. Ja, diese wohlgemeinten Tipps können auch wie „Schläge“ wirken, wenn sie gerade nicht passen.
Es ist wohl die Sprachlosigkeit, die Unsicherheit, wie man mit einem Menschen umgehen soll der eine schwere Erkrankung durchlebt oder durchlebt hat. 

Was braucht solch ein Mensch? Keine Negativerlebnisse aus der eigenen Verwandtschaft/Bekanntschaft.
Vielleicht auch eher mal ein Schweigen oder das ehrliche Bekenntnisse:“ Ich weiß gerade nicht was ich sagen soll.“ Oder einfach nur:“ Wie geht es dir?“
Diese Dame hat mir noch einen anderen Satz erzählt, den sie als positiv empfunden hat, obwohl er aus einer Unsicherheit entstanden ist.
„Du hast aber schicke Schuhe an.“ Das war etwas, was sie gerade gebrauchen konnte. ;-)

Menschen mit (schweren) Erkrankungen möchten einen normalen Umgang, möchten vielleicht auch mal gefragt werden, ob man irgendwie unterstützen kann.
Bei allem gilt aber: „Erst denken, dann reden.“
Euch allen einen schönen Rest- Sonntag und bleibt gesund.

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Freitag, 17. Mai 2019

"Da sind ja auch die Superfoods"

Ein Erlebnis gerade noch frisch vom Einkauf. #Werbung,das Namenssnennung eines Discounters

Bei mir muss das Einkaufen immer schnell gehen, aber heute habe ich aus einem Augenwinkel beobachtet, wie sich ein Kunde bei Aldi sich den Einkaufswagen vollgepackt hat mit Tüten voll Quinoa-  und Amaranth- Pops. Normalerweise steht im Prospekt, dass die Ware in handelsüblichen Mengen verkauft wird. Das sah her nach Ferienlagerversorgung aus.
Ich war schon neugierig, aber ich habe nicht gefragt, was dieser Kunde mit diesen ganzen Körnern macht.

Es gibt aber noch andere Menschen, die neugierig sind und eine Dame hat dann an der Kasse gefragt, was damit gemacht wird.
Ich habe die Ohren gespitzt und konnte hören, dass damit ein Müsli hergestellt wird.
Die Dame fragte dann weiter nach ob es mit Milch und Früchten zubereitet würde.

Nein, der Kunde isst es mit Wasser, ein paar Haferflocken und Eiweißpulver. Obst hätte zu viel Zucker.
Und es wären ja auch die Superfoods.
Superfoods- bitte, das ist ein reiner Marketingbegriff, hat nicht wirklich viel Bedeutung. Bitte hier genauer nachlesen.

Könnt Ihr Euch vorstellen, wie es in mir gebrodelt hat(nicht vor Wut ;-)) Aber nein, ich habe mich zurückgehalten, denn ich bin nicht missionarisch unterwegs, schon garnicht, wenn ich nicht nach meiner Meinung gefragt werde.

Aber mir zeigt dieses Erlebnis gerade mal wieder, welche Macht Werbung hat.

Ich wünsche Euch allen eine guten Start ins Wochenende.

Mittwoch, 15. Mai 2019

Ein neues Krankenhaus


Erinnerung aus 40 Jahren Berufsleben als Diätassistentin

In meinen vorherigen Beiträgen habe ich schon angedeutet, dass es für mich ein „altes“ und ein „neues“ Krankenhaus gab. Die meisten Erinnerungen stammten bisher aus dem alten Krankenhaus.
Irgendwann war dann von einem Krankenhausneubau die Rede. Das ging aber irgendwie an allem und jedem, die eine Tätigkeit wie in der Küche oder in der Station hatten, vorbei.  Es war eine Info, mehr nicht.
Die „Chefetage“ verfügte natürlich über weitaus mehr Wissen und Informationen.

An irgendeinem Tag hat uns der Metzger dann auch mal in sein Auto gepackt und ist mit uns in den Rohbau gefahren. Ganz ehrlich? Als er uns erklärte, dass aus einer Stelle aufeinandergeschichteten Steinen mal eine Küche mit Bandspüle, Brotküche etc. werden sollte, dazu reichte meine Vorstellungskraft nicht wirklich.
Es wurde weitergebaut und irgendwann stand fest, dass der Umzug immer näher rückte. Von diesem Tag werde ich demnächst berichten.

Wir wurden komplett ins kalte Wasser geworfen. 
Ich weiß noch wie heute, dass ich an einem Freitag länger bleiben musste. Grund: Das neue Kartensystem wurde vorgestellt inklusive Lesegerät.

Die Verwaltung hatte sich bereits für ein System entschieden. Es handelte sich um Karten mit Nummern und den Nummern wurden dann Kostformen zugeordnet. Das einige, was sich heute noch weiß ist, dass die 36 zur passierten Kost gehörte und die 57  zur schweinefleischfreien Kost.
Aber zurück zum Termin. Ich wusste absolut nicht, was auf mich zukam. Ich hatte keine Zeit für die Vorbereitung. Wir hatten am Ende ein Ergebnis, aber in der Praxis hat sich dann später gezeigt, dass das absolut nicht rund war.
Bandsystem- für uns alle unbekannt. 
Wir durften dann mal einen Tag in einer anderen Krankenhausküche hospitieren, die mit diesem Bandsystem gearbeitet hat. Alles graue Theorie.
Aus diesem Krankenhaus ist mir in Erinnerung geblieben, dass dort im Vorratsraum jede Woche die Deckel der Konservendosen feucht abgewischt wurden.
Wenn ich zurückschaue, dann hat man uns, die mit den neuen Errungenschaften arbeiten sollten und mussten zu lange im Dunkeln gelassen. Wir haben uns aber alle durchgebissen und letztendlich lief es dann auch.
Habt eine gute Zeit und lasst Euch nicht stressen.

Bild von U. Leone auf Pixabay

Sonntag, 12. Mai 2019

Herzinfarkt am frühen Morgen


Und noch ne Erinnerung aus 40 Jahren.

Morgens um halb 7. 
Ich kam  ins Krankenhaus, gehe die Treppe hoch um mich umzuziehen.
Es kamen schon Mitarbeiterinnen nach oben und flüsterten:
 „Ich glaube, Herr XY hat einen Herzinfarkt.“
Das macht das Gefühl für den Tag auch nicht besser. Ich mit komischem Bauchgefühl in die Küche und ganz vorsichtig ins Büro unserer Alphatiere geschaut.

Da saß unser Küchenchef mit einer Gesichtsfarbe, die ich nur schwer beschreiben kann. Eine Mischung aus weiß und gelb.  Schweiß im Gesicht, der auf seine Arbeitskleidung tropfte.
Er hatte mich gesehen und sofort kam die Ansage. „ Wenn du es wagst in der Ambulanz anzurufen, dann wirst du das bereuen.“
Der Metzger saß bei ihm und hat wirklich mit Engelszungen auf ihn eingeredet.
„Wehe wenn es einer wagt…. Das geht bald wieder vorbei.“
Ich kann nicht erklären, warum wir damals nicht in der Lage waren uns so schnell wie möglich über diese Ansage hinwegzusetzen und Hilfe zu holen. 

Irgendwann war diese Art Starre dann vorbei und eine Kollegin hat in der Ambulanz angerufen und die Lage geschildert.
So schnell wie da Helfer kamen….
Liegend wurde der Küchenchef abtransportiert und kurz darauf haben wir dann die Meldung bekommen, dass er direkt zur Intensivstation gebracht wurde. Es war ein Herzinfarkt.
Das läutete aber dann auch quasi sein Ende als Küchenchef ein. 

Ich hatte bereits einmal kurz von dem Krankenhausneubau berichtet (da kommt wirklich noch etwas mehr) und da war dieser Mann nicht mehr gewünscht. Während seiner Krankheit, der anschließenden Reha lief alles über den Kollegen „Metzger“. Infos zum Neubau wurden nicht weitergeleitet, es war quasi alles unter Verschluss.
Irgendwann hat mich unser „Küchenchef“ mal privat besucht. Da hat er mir einige Dinge erzählt, die wir als Küchenteam nicht mitbekommen haben. Da ist so Einiges nicht kollegial gelaufen.

Was mir als Erinnerung von unserem Küchenchef  geblieben ist: ein Kochbuch von Henriette Davidis, erschienen 1924. 
Das hat er mir geschenkt und das halte ich in Ehren. Trotz der manchmal komischen Art des Alphatieres mochte ich ihn. Das ist mir spätestens dann bewusst geworden, als wir die Mitteilung bekamen, dass er einen weiteren Infarkt bekommen hat und verstorben war.
Jeder Mensch hat immer zwei Seiten.

Samstag, 4. Mai 2019

Die guten Geister


Eine weitere Erinnerung aus 40 Jahren Berufsleben.


Mit den guten Geistern meine ich unsere „Spülfrauen“ und die „Gemüsefrauen“.
Bis in die 80er Jahre gab es keine Band- und/ oder Topfschüle. Das Geschirr wurde auf den Stationen gespült, alles das, was wir in der Küche genutzt haben, wurde per Hand gespült.
Ich  erinnere mich an die tiefen Spülbecken und die hölzernen Schränke, in denen die Töpfe nach dem Abtrocknen verstaut wurden.
Eine Spülfrau war Griechin mit dem entsprechenden Temperament.  Jeder Topf musste unter fließendem Wasser vorgespült werden und wehe, das war nicht sauber genug. Dann konnte das Teil auch mal den Weg durch die Luft nehmen.

Die zweite Spülfee war, ich nenne es mal vorsichtig, in ihren kognitiven Leistungen ein bisschen eingeschränkt, aber eine total liebe Person. Sie war nicht ganz so drastisch, stand aber unter dem Pantoffel unserer Griechin. Wenn nach dem Wochenende (da wechselten sich die beiden immer ab) das Inventar mal nicht dort stehen, wo gewünscht, dann konnte es schon mal sehr laut werden.  Auch unsere Alphatiere waren vor diesen Wutausbrüchen nicht geschützt. Es wurde stillschweigend hingekommen.

Dann unsere Gemüsefrauen. Das waren die Damen, die die Kartoffeln schälten, das frische Gemüse putzten (zum Krankenhaus gehörte eine Gärtnerei und in Hoch-Zeiten fiel dort einiges an Arbeit an).
Ich erinnere mich, dass diese Damen die kleinen Kartoffeln immer in einen Extra- Eimer warfen. Die waren dann für die Diabetiker bestimmt. Wenn ich daran denke, muss ich lachen.

Irgendwann (darüber berichte ich später noch gesondert) gab es einen Krankenhaus-Neubau.
Da  gab es dann eine sog. Topfspüle und eine Bandspüle.
Die Gemüsefrauen behielten ihre Arbeit mit zusätzlichem, technischen Equipment.
Ohne diese guten Geister sah es manchmal schlecht aus. 
Fielen beide Spülfrauen aus, dann mussten wir diese Aufgaben erledigen. Ich war nicht komplett involviert, aber da wir als Team gearbeitet haben, habe ich natürlich auch mitgeholfen, wenn eine Arbeit erledigt war.
Irgendwie war das aber später alles vorbei. Ich behalte das aber in guter Erinnerung und habe im Nachhinein wirklich noch Respekt vor diesen Arbeiten.

Bild von Pexels auf Pixabay

Mittwoch, 1. Mai 2019

Mangel im Schlaraffenland


Bei Facebook, Twitter und auch im Fernsehen gerade ein großes Thema: Mangelernährung im Krankenhaus bzw. Mangelernährung im Allgemeinen.
Da wird eine Thematik nach vorne geschoben, aber sie kommt nicht da an, wo sie ankommen soll bzw. muss. 
Zuerst einmal bei den poltischen Entscheidern, hier spreche ich unseren Gesundheitsminister Jens Spahn  an, bei Krankenhausleitungen, Ärzten und letztendlich bei Angehörigen.
Ich habe, wie wahrscheinlich alle meine Leser  alte Menschen in der Familie, vielleicht auch Menschen mit Krebserkrankungen oder anderen Erkrankungen, die zehren. Auch an Medikamente denken, die den Appetit verderben.
Wie oft höre ich in (Beratungs-)Gesprächen, dass Ärzte Zusatznahrung verweigern, weil der Patient noch nicht "mager" genug sei. 
Mangelernährung hat nicht automatisch etwas mit ausgemergelter Figur zu  tun. Es gibt auch vermeintlich übergewichtige Menschen, die mangelernährt sind, denen es an Nährstoffen jeder Art fehlt.
Wenn dann auch noch der Satz fällt, dass der Patient es positiv sieht, weil er sich ja sowieso als zu dick empfindet, da platzt bei mir innerlich die Hutschnur. 
Aber woher soll er es auch anders wissen, wenn Ärzte nicht wissen, was Mangelernährung bedeutet?
Jedes verlorene Pfund ist weg. Und das wieder drauf zu kriegen ist oft sehr schwer.
Wer schaut bei alten Menschen, die im Krankenhaus liegen unter die Deckel der Teller, wie viel gegessen wurde? 
Mir ist bewusst, dass die Pflegekräfte am Limit arbeiten, ihnen die Zeit fehlt. 
Wofür gibt es sog. Ernährungsteams im Krankenhaus, die  schnell screenen können, wie es um den Ernährungszustand bestellt ist? Es gibt sehr gute Screeningbögen, die frei zugänglich sind und mit denen wirklich ein schneller Überblick zu bekommen ist.
In meiner Familie habe ich auch alte Menschen. Bei einem Krankenhausaufenthalt habe ich niemanden vom Ernährungsteam gesehen, auch wenn das Krankenhaus damit wirbt.

Machen wir uns doch bitte alle mal bewusst, dass wir alle alt werden. Wer möchte im Schlaraffenland in eine Mangelernährung rutschen oder daran versterben? Ich nicht!
Ich glaube, alle meine Leser auch nicht. Auch Ärzte nicht und unsere politisch Verantwortlichen wahrscheinlich auch nicht, oder Herr Spahn?
Ich könnte jetzt hier noch Links zu Studien einbauen. Das mache ich bewusst nicht. 
Ich möchte auf dieses Problem aufmerksam mache und hoffe, dass man sich Gedanken macht, auf seine Angehörigen schaut, natürlich auch auf sich selbst und aktiv wird. 
Und mal ganz ehrlich: Der Tipp einen Schuss Sahne ins Essen zu geben ist überholt und gleicht einen Eiweißmangel auch nicht aus.


Bild von TeroVesalainen auf Pixabay